Zur Geschichte des Gewandhauses
Das Gewandhaus konnte ich vor einigen Wochen besuchen und mich bei einem Konzert von der wunderbaren Ausstattung und Akustik überzeugen. Rein optisch lässt das Gebäude, vis á vis der Oper am Augustusplatz gelegen, auf den ersten Blick kaum auf ein Haus der Musik schließen. Aber die Institution des Leipziger Gewandhauses kann auf eine lange Geschichte zurück blicken.
Berühmte Dirigenten standen schon in zwei anderen Leipziger Gewandhäusern am Dirigentenpult. Z.B. Mendelssohn im Gewandhaus an der Universitätsstraße, Nikisch und Furtwängler im Neuen Gewandhaus an der Beethovenstraße.
Das Haus am Augustusplatz ist also bereits das dritte Leipziger Gewandhaus, das allerdings wie auch schon das zweite mit dem namengebenden Zweck nichts mehr zu tun hat. Sein Name rührt daher, dass das erste Haus als dreiflügliges Gebäude die Gewerbehalle der Tuchhändler war. Zudem wurden im Erdgeschoss des Flügels an der Universitätsstraße bis 1828 die stadteigenen Waffen und Rüstungen aufbewahrt. Daher nannten die Leipziger diesen Gebäudeteil auch das Zeughaus.
Ein Abend im Gewandhaus
Schon beim Eintreten überwältigte mich ein riesiges Gemälde – der „Gesang vom Leben“. Schon der Titel ist imposant und lässt die Phantasie blühen …
Wie ich im Nachhinein recherchiert hatte, ist es mit 712 Quadratmetern sogar das größte Deckengemälde Europas, das der Maler Sieghard Gille – ein Vertreter der Leipziger Schule – vor rund 37 Jahren geschaffen hatte. Er malte ein Jahr an seinem Werk, das sich über mehrere Ebenen des Gewandhauses erstreckt. Daher ist es in der Konzertpause eine tolle Idee, sich auf Szenen des Bildes einzulassen.
Ludwig van Beethovens drittes Klavierkonzert und die g-moll-Sinfonie Wilhelm Stenhammars stehen in dieser Woche auf dem Programm der ausverkauften Großen Concerte des Gewandhausorchesters. Am Pult: Ehrendirigent Herbert Blomstedt, am Flügel: Igor Levit …
Alles gern nachzulesen, dennoch war ich schwer beeinduckt, von der Leichtigkeit, mit der der schon wirklich betagte Herbert Blomstedt (geb. 1927) dirigierte. Seine Freude dabei und die nicht übersehbare Herzlichkeit, als er den 32-Jährigen Igor Levit nach dessen genialen Orchesterdebüt verabschiedete. Ein wunderbarer Abend!
Von riesenhaften Insekten und Pflanzen
Am nächsten Morgen wartete ein weiteres Highlight auf mich: Yadegar Asisis hat im Leipziger Panometer ein weiteres Rundbild geschaffen, das man seit Ende Januar 2019 entdecken kann.
Die Geschichte dahinter finde ich sehr anrührend. Auf die Idee kam Yadegar Asisi, als er vor einiger Zeit im Garten seiner Mitarbeiterin Carola am Stadtrand von Leipzig saß. Das Bild zeigt einen Mikrokosmos, den er ins Leipziger Panometer gezaubert hat und der für viele gleich um die Ecke liegt. Entdecken Sie diesen besonderen Garten und staunen Sie wie ich über riesenhaft vergrößerte Bienen und Käfer, Blumen und Pflanzen im Zyklus der vier Jahreszeiten beim Werden und Vergehen. Und allen Meldungen zu Artensterben und Umweltgiften zum Trotz werden die Sinne geschärft für das, was noch in so einem Garten kreucht und fleucht.
Carola ist inzwischen verstorben, doch “ …das Bild sieht er als Sinnbild für die kleinen Dinge, die wir im Alltag übersehen oder geringschätzen – und als Verneigung vor der Frau, die er als Mensch und Mitarbeiterin sehr schätzte„
Nehmen Sie sich Zeit! Lassen Sie den Garten wirken und vielleicht geht es Ihnen wie mir; denn bei Stress hilft es, einfach mal die Augen zu schließen und an die Katze denken – das bringt mindestens 5 Minuten Urlaubsgefühl.
Es muss nicht immer Südsee sein. Bleiben Sie neugierig!
Ihre Martina Osburg