Für den Anfang die typischen Sehenswürdigkeiten
Mein erster Besuch in Prag liegt nun schon 23 Jahre zurück. Damals auf Klassenfahrt erlebte ich die „Goldene Stadt“ noch eher touristisch. Die Prager Burg auf dem Hradschin (Hradčany), ein architektonisches Meisterwerk und größtes geschlossenes Burgareal der Welt. Die Karlsbrücke mit ihren 30 Heiligenfiguren aus Stein. Die Prager Altstadt mit der Astronomischen Uhr, dem Wenzelsplatz, den unzähligen Kirchen und Museen und den alten jüdischen Friedhof. Ziemlich viel oberflächliches Sightseeing für einen ersten Besuch, aber das war nur der Anfang meine Ode an Prag.
Prag versprüht eine einmalige Atmosphäre
Prag hatte mich in seinen Bann gezogen. Nicht mal unbedingt wegen eines der genannten Highlights sondern wegen etwas, das man nicht sehen kann – Atmosphäre! Viele mögen jetzt die Stirn runzeln oder schmunzeln ob dieser Aussage, aber für mich hat die wunderschöne Stadt an der Moldau mit den zahlreichen Türmen einfach eine magische, mystische Atmosphäre aus Jahrhunderte langer, bewegter Geschichte und endlos künstlerischer Kreativität.
Einer der bedeutendsten Schriftsteller des frühen 20. Jahrhunderts Franz Kafka (1883 – 1924) schrieb 1902 an Oskar Pollak: „Prag lässt nicht los…Dieses Mütterchen hat Krallen.“
Die Prager Burg auf dem Hradschin
Offenbar ging es nicht nur mir so, denn einige Jahre später folgte eine Abi-Abschlussfahrt nach Prag, fast in derselben Besetzung. Unser einfaches Hotel lag außerhalb, doch dank des gut ausgebauten Verkehrsnetzes erreichten wir die Prager Altstadt in nur 20 Minuten mit der Metro.
Während der fünf Tage besuchten wir unter anderem die Prager Burg und den historischen Teil des Veitsdoms samt Krypta. Der Zugang zur Anlage und ihren Gärten sowie zum vorderen, neugotischen Teil des Veitsdoms ist grundsätzlich kostenfrei, doch mit einem Guide ersparten wir uns die Warteschlangen. Die ausführliche, dreistündige Führung war beeindruckend. Am Ende des offiziellen Programms löste sich die Gruppe auf, und ich nutzte den Nachmittag, um weitere Stunden auf dem Hradschin zu verweilen und das besondere Flair abseits der Touristenströme zu genießen.
Tauchen Sie mit einem Buch tiefer ein in die Geschichte Prags
Mein besonderer Tipp für Bücherfreunde: ziehen Sie sich zurück, machen Sie es sich auf einer der Bänke in der wunderschönen Gartenanlage bequem und lesen Sie Kai Meyers historischen Roman „Der Schattenesser“.
Die Geschichte ist in der Zeit des dreißigjährigen Krieges angesetzt und entführt Sie in die engen Gassen und dunklen Hinterhöfe Prags, wo der Schattenesser sein Unwesen treibt und die junge Protagonistin Sarai zahlreiche Gefahren überstehen muss. Das Buch versteht es vortrefflich die mystische Stimmung der Zeit und der Stadt zu beschreiben.
Das Gefühl für die Zeit hatte ich damals völlig verloren und so schlenderte ich, noch vollkommen in der fantastischen Geschichte gefangen, in der Dämmerung mit den letzten Touristen durch das malerische Goldene Gässchen, wo einst Alchimisten versucht hatten, Gold und den Stein der Weisen zu erzeugen. Ein Gänsehautmoment!
Auf den Spuren Franz Kafkas
Das blaue Haus Nr. 22 war einige Zeit der Unterschlupf Franz Kafkas, auf dessen Spuren ich mich einige Jahre später durch Prag machte. Die Stadt mit den verwinkelten Gassen und unüberschaubaren Straßen und Häusern hat Franz Kafka definitiv geprägt, was man auf verschiedensten Ebenen immer wieder in seinen Büchern bemerkt. Zurück zum Goldenen Gässchen. Mittlerweile kostet der Besuch Eintritt, dafür kann man dann in die Häuser gehen und diese besichtigen. In den Häusern befinden sich historische Rüstungen, Hand gearbeitete Souvenirs, Cafés und vieles mehr.
Mein Tipp: Wem es nur um das Flair der pittoresken, bunten Häuschen geht, der sollte nach den Schließungszeiten vorbei schauen, denn dann ist der Durchgang völlig kostenlos.
Ruderbootfahrt auf der Moldau
Besonders in Erinnerung blieb mir eine Ruderbootfahrt auf der Moldau. Von der Sophieninsel aus ging es nahe dem Nationaltheater und der Brücke Most Legi entspannt vorbei an der historischen Altstadt rechts und der Kleinseite links. Prag vom Wasser aus – ein weiterer magischer Moment fürs Leben.
Seitdem besuche ich Prag immer wieder, unabhängig von der Jahreszeit. Das Wetter war fast immer gut. Im Winter wirkte die Stadt unter einer dicken Schneedecke schläfrig und melancholisch schön. Im Frühling erwachte sie in sanftem Grün, und laue Sommerabende verzauberten mit rosamunde-pilcheresken Sonnenuntergängen, die Prag in goldenes Licht tauchten.
Egal ob Sie Prag nur kurz besuchen oder wie ich immer wieder, die majestätische Moldaustadt wird nicht müde zu erzählen. Die Stadt der Literaten und Künstler zieht Sie in ihren Bann, da bin ich mir sicher.
Ihre Tina Müller